Tipps und Tricks für Wahlhelfer

Die Bundestagswahl 2017 ist gelaufen.

Obwohl wir, wie viele heutzutage, nur bedingt politisch sind, haben wir uns entschlossen bei dieser Wahl erstmals als Wahlhelfer dabei zu sein.

Für keine Partei, sondern für die Demokratie dieses Landes.

Gewissermaßen.


Dazu erst einmal kurz das Fazit zur Wahl:
  • Wahlhelfer sein macht Spaß! Jedenfalls hier in Hamburg, wo bei der Bundestagswahl 2017 in unserem Bezirk 80% der Wahlberechtigten auch ihre Stimme abgegeben haben und somit immerzu etwas los war. Vielleicht drei, vier Mal waren wir für höchstens 5 Minuten alleine in meiner alten Grundschul-Aula - länger nicht. Von Langeweile keine Spur und mitgebrachte Bücher blieben unangetastet.
  • Ein zwei Pfeiffen im Sinne von "wo kann ich denn nun wählen, ich hab's eilig, wie lange dauert das denn noch" oder Mitbrüger, die einfach den Mund nicht aufbekommen gab es auch bei uns - ansonsten verbreiteten die meisten WählerInnen gute Laune. So wie wir, sowie die Polizei, die zweimal nach dem rechten sah und so wie alle anderen vor Ort.
  • Der Tag war somit recht kurzweilig und interessant - wer das Service-Gen in sich hat, kann sich richtig austoben. Die meisten Besucher sind dankbar für jeden Tipp und Hilfe und kaum einer musste länger als ein paar Minuten bei der Wahl verbringen. Höchstens die letzte Stunde vor Wahlschluss wurde es etwas ruhiger. Vielleicht so, wie ich mir zunächst den ganzen Tag vorgestellt hätte.
  • So entspannt der Tag, so stressig die Auszählung! Es war das erste Mal, dass ich Kopfschmerzen rein von einer geistigen Tätigkeit bekommen habe. Drei Stimmen haben uns gefehlt und die Neuauszählung unter gefühlt hohem Zeitdruck, der noch durch einen quengeligen Hausmeister verstärkt wurde, der das Wahllokal endlich schließen wollte, forderten Tribut. 
  • Die Auszählung der Stimmzettel, verteilt über vier große Tische in ständig leicht vorgebeugter Haltung und das Gerenne von einem Partei-Haufen zum nächsten mit mehreren Personen im Weg ist richtig anstrengend! Der Tag fing für uns um 7h an und endete erst gegen 21h mit Abgabe der versiegelten Wahlunterlagen im Bezirksamt. Heute, am Tag danach, fühle ich mich als wäre gestern ein großes Sportereignis gewesen. Aber eines, an dem ich teilgenommen habe, versteht sich.
In diesem Sinne - trotz der sehr anstrengenden Abendphase und des langen Tages würde ich es wieder tun. Und lege jedem ans Herz sich den Schritt bei einer der nächsten Wahlen auch mal zu überlegen!

Zusammen mit ein paar Freunden macht es richtig Spaß, etwas für die eigene Nachbarschaft zu bewegen. Das sind wir der Demokratie in unserem Lande schuldig.



Wer also helfen will, kann sich für eine Wahl als Wahlbezirksleitung bewerben und bekommt einen Wahlbezirk zugeteilt. Die Wahlbezirksleitung ernennt dann noch Stellvertreter, Schriftführer und weitere Wahlhelfer. Am besten aus Freundes- und Familienkreis. Rechtzeitig vor der Wahl sollte man dann dicke Info-Unterlagen zugeschickt bekommen und kann auch Infoveranstaltungen besuchen, damit man als Neuling den Mitbürgern eine reibungslose Wahl ermöglichen kann. So weit so gut.

Dummerweise sind zum Beispiel die Info-Unterlagen so dick und so bis ins Klein Klein beschrieben, dass es weder Spaß macht, selbige zu lesen, noch hat man das Gefühl, sich auch nur die Hälfte der Theorie auf Anhieb merken zu können. Da man bei einer so wichtigen Sache natürlich nichts falsch machen will, ist der Druck irgendwie die ganze Zeit da.



Darum hier der ultimative Guide, wie man halbwegs sauber durch den Wahltag kommt:
  • Wichtigste Regel: Wer am Anfang schludert, der bekommt es faustdick zurück, wenn es Abends an die Auszählung geht! Da werden nämlich Quersummen gebildet und wenn die Anzahl Stimmzettel nicht mit den Wahlbenachrichtigungskarten und den ausgetragenen Wählern übereinstimmt, geht das Gesuche los. Wahlhelfer, die anfangen zu schludern, müssen unbedingt von der Wahlbezirksleitung zu sauberem Arbeiten angehalten werden!
  • Der Aufbau des Wahllokals ist um so wichtiger, je höher die Chance, dass auch mal ein Schwung Wähler gleichzeitig durch die Tür spaziert kommt. Zwar hatte der Hausmeister das Wahllokal für uns freundlicherweise hergerichtet. Was eigentlich Sache der Wahlhelfer am frühen Morgen ist, dafür ein Danke. Aber der Aufbau war suboptimal.
    Optimal ist:
  • Wenn die Leute reinkommen zeigen Sie als erstes die Wahlbenachrichtigungskarte vor und wenn diese die korrekte Wahlbezirksnummer ausweist erhalten sie den Stimmzettel. Die meisten Wähler haben aber auch den oberen Abschnitt der Wahlbenachrichtigung dabei, den Bogen zum Briefwahlantrag sowie weitere unnütze Dinge. Das meiste davon kann entsorgt werden. Also gehört neben einen Tisch am Eingang eine Mülltüte und der erste Wahlhelfer sorgt dafür, dass der Wähler im Wesentlichen nur mit Wahlbenachrichtigungskarte und Stimmzettel zu einer der Wahlkabinen (Pappboxen) geht, sobald dort frei ist. Da es hier am Eingang etwas Warteschlange geben kann, ist etwas Platz zu haben eine gute Idee.
  • Vom Tisch mit der Stimmzettel-Ausgabe geht es also zur Wahlkabine und von dort zurück zunächst zur Abgabe der Wahlbenachrichtigungskarte. Denn erst jetzt wird der Wähler aus dem Wahlverzeichnis ausgetragen. Der dafür vorgesehene Tisch sollte also so stehen, dass ein Fluss der Wähler entlang dieses Weges halbwegs möglich ist.
  • Hier der Tipp des Tages: Da überall in den Info-Unterlagen vielfach erwähnt wird, dass das Wählerverzeichnis zunächst nach Straßenname, Hausnummer und dann nach Nachname sortiert ist, haben wir original die ersten 5 Stunden genau so die Wähler im Wahlverzeichnis ausfindig gemacht: Über Straßenname, Hausnummer und Nachname. Das geht nicht sehr schnell.
  • Viel schneller geht es, wenn man die fortlaufende Nummer auf der Wahlbenachrichtigungskarte beachtet und diese im Wählerverzeichnis sucht. Eine einzelne fortlaufende Nummer ist natürlich viel schneller gefunden! Dann noch kurz den Namen abgeglichen und in null komma nichts ist die Austragung erfolgt. Noch ein Kreuz für die erfolgte Wahl gesetzt, den Zähler rechts am Rand ausgestrichen, fertig. DAS steht SO nirgends und wurde auch nicht explizit bei der Schulung erwähnt. Besten Dank dafür, an wen auch immer...
  • Ist der Wähler aus dem Verzeichnis ausgetragen, darf der Stimmzettel in die Wahlurne eingeworfen werden. Aber eben auch nicht vorher. Daher sollte der Schlitz für den Einwurf unbedingt abgedeckt werden, denn es gibt immer die "dauert das hier immer so lange"-Typen, die ansonsten selbsttätig ohne vorherige Austragung den Stimmzettel einwerfen. Und wehe, man entdeckt dann einen Sperrvermerk im Wahlverzeichnis! Ich weiß gar nicht, was dann wäre... 
  • Ergo muss ein dritter Wahlhelfer möglichst immer an der Urne stehen, um die Abdeckung des Einwurfs zu entfernen, sobald der Schriftführer am Wahlverzeichnis laut und deutlich verkündet hat, dass der Einwurf ok ist. 
  • Hier der nächste gute Tipp - fast in logischer Konsequenz und doch in der Hektik von uns erst einmal falsch angegangen: Die Wahlurne stand zunächst vorne am Eingang, weil sie am Morgen des Wahltags dort eben schon stand. Eine wirkliche Erleichterung besonders bei Andrang war es, die Wahlurne direkt neben dem Schriftführer stehen zu haben. So kann einfach sichergestellt werden, dass nur der aus dem Verzeichnis ausgetragene Wähler seinen Stimmzettel einwirft.
    Sehr viele Wähler kommen nach dem Kreuze machen nämlich direkt zur Urne und wollen sofort ihren Stimmzettel einwerfen. Wenn man das zulässt - hat man potentiell verloren!
  • Umschläge für den Stimmzettel gibt es übrigens nicht mehr, was viele Wähler wunderte. Der Stimmzettel wird zusammengefaltet eingeworfen.
  • Nochmals zusammengefasst ergibt sich daraus der folgende Aufbau des Wahllokals ab Eingangstür:
    • Tisch zur Prüfung der richtigen Wahlbezirksnummer und Ausgabe des Stimmzettels sowie zum Prüfen, wo der richtige Wahlbezirk ist, wenn wieder mal einer nur mit Ausweis ankommt, etc.
    • Die Wahlkabinen (Pappboxen)
    • Tisch zur Austragung des Wählers aus dem Verzeichnis
    • Wahlurne daneben
Jetzt noch allgemeine Tipps für einen gelungenen Wahltag:
  • Man nehme Essen und Trinken mit. Ganz Schlaue haben eine Kaffeemaschine dabei, der Tag ist lang!
  • Man spreche sich ab, dass man als Wahlhelfer miteinander redet! Klare Ansagen wie bei diesen Kochshows im Fernsehen ("Das Gulasch für Tisch 1 ist fertig!") sind eine gute Idee und machen das Leben leichter. Kann man ja auch witzig formulieren... und die Wahlbezirksleitung muss den Hut auf haben und hat somit im Zweifel das letzte Wort. Das gilt sicher um so mehr, je weniger sich die Wahlhelfer vorab kennen. Und es gilt ganz besonders beim Auszählen!
  • Wenigstens die Wahlbezirksleitung sollte sich vorab unbedingt einmal genauer mit der Auszählung beschäftigt haben. Der Prozess ist nicht ganz so trivial (in den Info-Unterlagen formuliert) und es ist gut, wenn man eine Ahnung hat, bevor der Stress beginnt. 
  • Und nein, zumindest in Hamburg ist tagsüber keine Zeit, sich das noch kurz anzugucken.
  • Auf den Prozess der Auszählung gehe ich hier nicht ein, zu komplex. Die Infos muss man sich dann doch aus den offiziellen Unterlagen holen. 
  • Ein guter Tipp am Rande: Zahlen deutlich schreiben! Eine 9 oder eine 4..?
    As simple as that...
  • Vorab hieß es, mindestens drei Wahlhelfer müssen immer anwesend sein. Das klingt so nach "aus rechtlichen Gründen".
    Die Wahrheit ist, drei Leute sind locker notwendig, wenn 10 WählerInnen gleichzeitig hereinspaziert kommen und alle etwas wollen und die Hälfte in "ich mach dann mal schon mal"-Manier vorlegt. Einer an der Stimmzettel-Ausgabe, einer am Wahlverzeichnis, einer bewacht die Urne.
    Wenn dann noch jemand für die unvorbereiteten Wähler die korrekten Wahlbezirke ermittelt und noch jemand die zweite Person hinter der Wahlkabine zurückpfeifft, ist man gut aufgestellt. Drei geht aber auch. 
  • Tagsüber müssen mindestens immer drei Wahlhelfer vor Ort sein!
    Bei der Auszählung müssen mindestens fünf Wahlhelfer vor Ort sein!
    Nötigenfalls müssen zwei also nochmal zurückkommen.
  • Nach der Auszählung und der telefonischen Bekanntgabe der Ergebnisse an die Wahlleitung im Amt müssen noch alle Unterlagen zurück ins Bezirksamt gebracht werden. Dazu lag in unserem Fall ein ca. A3 großer Umschlag bereit, auf dem dick und breit drauf stand "Hier hinein: Alle Stimmzettel (das waren bei uns 577 Stück), den Aktenordner mit dem Wählerverzeichnis, nicht gebrauchte Stimmzettel sowie [noch ein bisschen Kleinkram]".
    Schon alle 577 Stimmzettel in den Umschlag zu stopfen wäre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen! Präzieser hätte es heißen sollen "Stimmzettel zurück in die Kartons, aus denen Sie am Morgen gekommen sind", "unbenutzte Stimmzettel genauso" und nur "Wählerverzeichnis und [Klimbimm]" in den Umschlag. Dies alles mit den mitgelieferten Siegeln versiegeln und zurück zum Amt.
    Vielleicht waren wir auch nur zu doof, aber mit dem stressigen Hausmeister im Nacken zu später Stunde und rauchenden Köpfen wäre eine zutreffendere Anweisung auf dem Umschlag wünschenswert gewesen...
  • Randbemerkung: Man steht dem Staat nicht nur am Sonntag zur Verfügung, sondern muss auch am Samstag davor (kurz) das Wählerverzeichnis abholen...
All in all: Ein verantwortungsvoller, erfahrungsreicher, spaßiger und stressiger Tag, der sich gelohnt hat! Nicht gleich wieder morgen, aber bei einer der nächsten Wahlen, könnte ich wieder dabei sein.



Nachtrag 26.09.2017
In Ergänzung sei dieser Artikel des Hamburger Abenblatts empfohlen, der das obige praktisch bestätigt. Auch dort scheint man die Sache mit den fortlaufenden Nummern nicht ganz geblickt zu haben :O)

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